Nunchaku ヌンチャク



Die Bezeichnungen dieser Waffe Shuangjiegun (chin.), Nunchaku (okin.) und Sôsetsukon (jap.) werden mit „zwei verbundene Knüppel / Stöcke“ oder mit „ein Paar verbundener Stöcke“ übersetzt.

Während das japanische Sostesukon (双節棍) die Lesung der chinesischen Schriftzeichen für Shuangjiegun ist, wurde die okinawesische Bezeichnung Nunchaku aus dem Fuzhou – Dialekt (Hafenstadt in der Provinz Fujian) übernommen, in welchem diese Waffe als Nunchiekun (ヌンチェクン) bezeichnet wird.

Im "Wörterbuch der Sprache von Fuzhou" wird erwähnt, dass das zusammengesetzte Zeichen (門+虫) des nordchinesischen Dialekts im Dialekt von Fuzhou mit dem Zeichen geschrieben wird und "ran" oder "ruon" gelesen wird. Weitere Möglichkeiten der Lesung im Fuzhou – Dialekt sind "nan" oder "nun“. Somit wäre also nun auch geklärt, woher die Silbe "Nun" stammt (was anhand der üblichen japanischen oder chinesischen Lesung nicht möglich ist). Zusammen mit chie/jie () und kun/gun () ergibt sich für 両節棍 also die Lesung "Nunchiekun/Nunjiegun" und daraus wiederum die okinawesische Ableitung Nunchaku.

In den nun folgenden Textabschnitten, bezeichnet das allgemeine Wort Nunchaku die Variante bei welcher zwei gleichlange Stöcke miteinander verbunden sind.

Da eine Waffe grundsätzlich nur sehr wenige bestimmte Eigenschaften (zwei miteinander verbundene Stöcke) besitzen muss um als Nunchaku klassifiziert zu werden, ist es wohl auch bei keiner anderen Waffe schwieriger zu erkennen was der Ursprung und was „nur“ eine Adaption ist.

So gibt es also eine Vielzahl von Geräten die entweder dem Nunchaku als Grundlage gedient haben könnten oder, ausgehend von der Handhabung des Nunchaku, davon abgeleitet als Waffe benutzt wurden.

  • Ein normaler Dreschflegel mit einem langen und einem kurzen Stock, der in dieser Form auch als Kurumanbo im Okinawa Kobudo trainiert wird.


    Kurumanbo

  • Ein Werkzeug (Kura, クーラ), welches zur Bearbeitung der Rinde einer Bananenstaude (Basho, 芭蕉) diente. Die Faser dieser Pflanze (Ito – Basho) und der daraus produzierte Stoff (Bashofu) war nebst Choma (Bastfaser) die Grundlage vieler Textilien aus Okinawa.
  • Das alte okinawesische Pferdegeschirr (Muge ムーゲー) dessen Seilverbindung das Teil war, auf welches das Pferd biss, wird auch heute noch in dieser Form als Nunchaku – Variante benutzt.



    Zaumzeug auf Okinawa und in China (Muge)

  • Eine Art Taktholz, welche in einigen okinawesischen Volkstänzen benutzt werden.

  • Als letzte Möglichkeit möchte ich noch anführen, dass es ebenso eine Theorie gibt, nach der das Nunchaku eine Weiterentwicklung des Shaozi / Shaozigun (哨子 / 哨子棍) oder des Sanjiegun (三節棍)sein soll.
    Shaozi
    Shaozigun
Shao () kann als Pfeife/Flöte oder als Wachtposten übersetzt werden. Zi() hat mehrere mögliche Bedeutungen: „Kind“, „Ast“, „kleines Etwas“ oder Mitternacht. Das Wort Gun () hat mit diesem Radikal die Bedeutung Stock. Von hieraus liegen also mehrere wörtliche Übersetzungen nahe, darunter „Knüppel des Wächterkindes“ oder zum Beispiel „Stock des Nachtwächters“.

Der Legende nach geht sowohl der Shaozi als auch das der Sanjiegun auf Kaiser Song Taizu (960 n. Chr.) zurück.


Kaiser Chao K'ung Yin, später auch bekannt als Song Taizu

China teilte sich in eine südliche und eine nördliche Region. Die südliche Region bestand aus zehn kleineren Staaten. Im Nordteil wechselten sich fünf Dynastien ab: Späte Liang- (-936 n.Chr.), Späte Tang-(923-936 n.Chr.), Späte Jin- (936-946 n.Chr.), Späte Han- (947-950 n.Chr.) und die Späte Zhou-Dynastie (950-960 n.Chr.). Zhao Kuangyin wurde zum Kommandanten des neuen Palastcorps der Zhou ernannt.

Nach dem Tod des zweiten Zhou-Kaisers rief im Jahr 960 eine Gruppe von Offizieren Chao K’ung Yin zum Kaiser aus, obwohl dieser es anfangs nicht wollte. Damit war die Song-Dynastie gegründet und erklärte Kaifeng zu ihrer Hauptstadt. Der Neue Kaiser wurde unter dem Namen Taizu bekannt.

Gleich als erstes schickte Taizu die Offiziere mit großen Gütern belehnt in Rente und reformierte das Militärwesen so, das dieser Vorgang sich nicht wiederholen konnte. Die Familie der Zhou wurde verschont und die Beamten in ihrem Amt bestätigt.

Drei der südlichen Reiche hatten die Zhou schon erobert, weitere fünf Reiche konnte Taizu bald übernehmen

Taizu war ein geradliniger Mensch, auf dessen Wort Verlass war. 971 n.Chr. besiegte er den Nan-Han-Staat und lies deren König Liu zu sich bringen. Er bot dem König einen Becher Wein an. Dieser fürchtete man wolle ihn vergiften, wie er selbst es oft getan hatte und zögerte den Wein anzunehmen. Daraufhin ergriff Tai Cu lachend den Becher und leerte ihn mit den Worten "So etwas habe ich nicht nötig".

Bevor Chao K’ung Yin Kaiser wurde, war er Oberbefehlshaber der Armee und als solcher ein Genie der militärischen Strategien und Kampfkünste. Selbst später, als er bereits Kaiser war, übte er sich oft in den Kampfkünsten. Seine Lieblingswaffe war der lange Speer, und wann immer er Gelegenheit dazu fand, forderte er Führungskräfte seiner Armee zu Zweikämpfen heraus. Eines Tages wurde er jedoch selbst von einem jungen Offizier herausgefordert, der mit einem Schwert gegen den Kaiser antrat und ihn besiegte. Während des Zweikampfes zerschlug der junge Offizier den Speer des Kaisers in drei Teile.

Der Kaiser nahm die drei Teile seines Speers und entwickelte daraus einen dreiteiligen Stock (Sanjiegun), indem er die Teile durch Ketten miteinander verband. Später verwendete er nur zwei Teile des Stockes (Shaozi). Diese zweiteilige Waffe nannte er Ta Shao Zi. Nachdem er sie gemeistert hatte, forderte er den jungen Offizier erneut heraus und besiegte ihn damit.

Die heute verbreitetsten Varianten lassen sich in folgende zwei Gruppen einteilen.

Das „typisch“ chinesische Model ist rund, zum äusseren Ende hin konisch und mit einer Kette verbunden.


Marugata nunchaku

Das „typisch“ okinawesische ist ebenfalls zum Ende hin konisch jedoch achteckig und mit einer Schnur verbunden. Früher verwendete man dafür geflochtene Reisstroh oder Roshaar.


Hakkakukei Nunchaku

Das Nunchaku besteht normalerweise aus zwei gleichlangen Stücken Hartholz, deren Länge (ca. 35 cm) von der Unterarmlänge des Benutzers abhängt und die zu den äusseren freien Enden etwas dicker werden.


Abmessung der persönlichen Nunchaku-Länge

Die Länge der Verbindungsschnur (Himo) entspricht im Matayoshi – Kobudo der breite der drei mittleren Finger. Es wurden diverse Materialien für eine Himo verwendet so zum Beispiel Rosshaar, Seide oder Ketten.

Abmessung der Himo
(v.o.n.u.) Wurzel, Borke, Hanf, Rossschwanz, Haar, Seide, Kette
Eine verbreitete Methode, die Hölzer noch konsistenter zu machen, war, sie für eine gewisse Zeit in einen Wasserbehälter zu legen. Durch das konstante aufsaugen des Wassers wurden sie sehr hart und gingen im Kampf nur selten zu Bruch.

Nebst den Ausführungen dieser Waffe in chinesischem Ahorn oder japanischer Roteiche, gibt es vor allem in der Art der Bemalung und Materialien heute kaum noch Grenzen.

Zu den klassischen Variationen des Nunchaku gehören:
  • Hakkakukei nunchaku – zwei Teile von gleicher Länge und achteckigem Querschnitt
  • Rokkakukei nunchaku – zwei Teile von gleicher Länge und sechseckigem Querschnitt
  • Marugata nunchaku – zwei Teile von gleicher Länge und zylindrischer Form
  • Hankei nunchaku – zwei Teile von gleicher Länge, bestehend aus zwei längs getrennten Hälften eines Rundholzes.
  • Sansetsukon / Sanbon nunchaku – bestehend aus drei Teilen von gleicher Länge.
  • Yonsetsukon / Yonbon nunchaku – bestehend aus vier Teilen.
Unter den okinawesischen Meistern besteht eine sehr deutliche Zurückhaltung gegenüber der öffentlichen Verbreitung des Nunchakujutsu. Dies führte dazu, dass das Nunchaku zwar die weltweit verbreitetste Kobudo-Waffe ist, seine vielen Systeme jedoch ohne Bindung an die wirkliche Tradition entstehen. Es gibt kaum Meister, die ein fundiertes traditionelles Nunchakujutsu unterrichten, dafür Unmengen an „Experten“ welche ihr „Wissen“ weitergeben.

Einige der bekannten Nunchaku-Kata:

Name der Kata

Ära ihrer Gründung

Zeitraum

Ursprung/Gründer

Stil

Maezato no Nunchaku

Meiji-Restauration

1868 - 1912

Taira Shinken

Ryukyu Kobudo

Akamine no Nunchaku

Showa-Periode

1926 - 1989

Akamine Eisuke

Ryukyu Kobudo

Matayoshi no Nuchaku

Showa-Periode

1926 - 1989

Matayoshi Shinko

Matayoshi Kobudo

Renshugata Sho, Dai

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Ryukyu Kobujutsu

Sanbon Nunchaku

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Ryukyu Kobudo, Ryukyu Kobujutsu


Generell kann man mit dem Nunchaku Schwing- / Schlagtechniken (Furi) ausführen oder Techniken, bei denen man beide Teile der Waffe in den Händen behält. Die beliebten Wirbelbewegungen dienen lediglich zur Verwirrung. Sie tarnen die eigentliche Schlagtechnik und dienen dem Griffwechsel. Kein Kämpfer hätte früher im Angesicht eines bewaffneten Gegners sich wirbelnd nach Bruce Lee Methode in tödliche Gefahr gebracht.


Jodan Sakate Tsuki

Dabei ist zu beachten, dass sowohl die Schwingtechniken (Furi) als auch die Haltungen (Kamae) als Abwehr und als Angriff verwendbar sind. Behält man den Nunchaku in der Hand können Abwehrtechniken, gestossene Techniken oder Hebel ausgeführt werden.
Sanstesukon / Sanbon Nunchaku – Yonsetsukon / Yonbon Nunchaku

Zusätzlich zu der bekannten Form des Nunchaku mit zwei Hölzern existieren im Okinawa Kobudo auch Formen mit drei oder sogar vier Teilen.


(v.o.n.u.) Sanbon nunchaku, Yonsetsukon, Hakkakukei nuchaku, Sansetsukon

Während im Ryukyu Kobudo Hozon Shinkokai die Bezeichnung Sanbon Nunchaku benutzt wird und das Nunchaku aus drei ca. 35 cm langen Teilen besteht wird im Matayoshi Kingai-Ryu das Sansetsukon in der chinesischen Urform benutzt.

Der Vorteil des Sanstesukon liegt nicht nur in der enormen Reichweite sondern auch in der Vielfälltigkeit der Einsatmöglichkeiten. Nebst der Furi-Waza (Schwing-Techniken) kann diese Waffe auch in gewissem Rahmen auch als Nitanbo mit zusätzlichem Schutz durch den Mittelteil benutzt werden. Die Schläge mit den Waffenteilen werden, wie beim Kämpfen mit dem Hanbo oder Tanbo, mit einer peitschenartigen Bewegung ausgeführt.

Sagi Ashi mit Sansetsukon
Sansetsukon